Heilmittel, Partydroge, Teufelszeug: Die unglaublichen Karrieren der zehn wichtigsten Wirkstoffe der Welt; Thomas Hager; ecowin Verlag | Heilmittel, Partydroge, Teufelszeug: Die unglaublichen Karrieren der zehn wichtigsten Wirkstoffe der Welt; Thomas Hager; ecowin Verlag

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Informativ, erhellend und zugleich unterhaltsam

Gar manche Medikamente waren reine Zufallstreffer der Forschung. Wobei ‚Forschung‘ während der Anfangszeit dessen, was heute unter Pharmazie verstanden wird, reines Ausprobieren und Herumexperimentieren war.

Von Opium über Morphium zu dem ‚Hustenstiller‘ Heroin, die Entdeckung der K.-o.-Tropfen [sic!], Cholesterinsenker, Aufstieg, Interesse, raffiniertes Marketing und Geldgier der Pharmariesen, Suchtproblematik und die vergeblichen Versuche, diese in den Griff zu bekommen – das Buch ist einfach toll zu lesen.

Mit Hilfe auch der Beschreibung der ‚Forscher‘, deren Motivation, Anhand der Suche nach Medikamenten, die die zur jeweiligen Zeit höchst aktuellen massiv vorhandenen Leiden (zum Beispiel Erster Weltkrieg – die Schmerzen  verletzter Soldaten zu lindern, Wundbrand zu verhindern) zeigt Thomas Hager die wie erwähnt nur durch reinen Zufall entdeckten Wirkstoffe die zur Behandlung der diversen körperlichen Leiden geeignet sind.

Heutzutage ist der Ausgangspunkt vieler milliardenschwerer Pharmagiganten kaum bekannt. Und wird von diesen auch bewusst verschwiegen. Beispiel Seite 59, es geht um die Entwicklung von Morphium aus dem Saft von bestimmten Mohnkapseln, also Opium: „Ein altes deutsches Arzneimittelunternehmen wurde zum Experten für die Herstellung großer Mengen. Vielleicht haben Sie schon einmal von Merck gehört. Das Unternehmen produziert heutzutage viele Arzneimittel, doch Morphium ist der Fels, auf dem sein Reich errichtet wurde.

Im Zusammenhang mit Opium zeigt der Autor auch auf, wie die Britische Regierung unter Queen Victoria mit ihrer militärisch weit überlegenen (See-) Macht die British East India Company unterstützte, um den extrem gewinnträchtigen Verkauf des in der britischen Kolonie Indien gewonnen Opiums in Indien zu sichern. Und Abermillionen Chinesen in die Opiumsucht trieb. Hong Kong war damals das Drogenhandelszentrum Nummer 1 weltweit.

Der Stil, in dem Thomas Hager sein Buch geschrieben hat, ist bei allen sachlichen Informationen absolut unterhaltsam und macht das Lesen zu einem reinen Vergnügen. „Dann kamen die ersten europäischen Seeleute. Sie wollten unbedingt Handel treiben und brachten verschiedene Dinge mit, von denen sie glaubten, dass man sie in China schätzen würde. Aber wozu brauchten die Chinesen kratzige britische Wollwaren oder steifes holländisches Leinen, da sie doch Seide hatten? Sie hatten Porzellan, wozu brauchten sie dann minderwertige westliche Keramik?“ (Seite 44f.)

Kurzum: es macht Spass, das Buch zu lesen. Es gewährt stellenweise einen Blick hinter die aufpolierten Kulissen der Pharma-Giganten. Es zeigt auf, worin die Gründe für das hohe Suchtpotential diverser Wirkstoffe wie Opium, Morphium, Heroin, Fentanyl etc. liegen.

Als einzigen negativ angehauchten Kritikpunkt finde ich nur einen: mich persönlich hätte auch die Entdeckung und der ursprünglicher Einsatzzweck von Lysergsäurediethylamid, kurz LSD, als elften Wirkstoff interessiert. Aber die Kenntnis dieser Fakten die zehn beschriebenen Wirkstoffe sind auch Gewinn genug.

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