Vollbremsung: Warum das Auto keine Zukunft hat und wir trotzdem weiterkommen; Klaus Gietinger; Westend Verlag | Vollbremsung: Warum das Auto keine Zukunft hat und wir trotzdem weiterkommen; Klaus Gietinger; Westend Verlag

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ziemlich reisserisch geschrieben, aber auf jeden Fall korrekt!

Anhand der zahlreichen statistischen Daten über Tote, die der Strassenverkehr nicht nur direkt durch Unfälle, sondern auch indirekt durch Schadstoffe, die beim Fahren in die Luft geblasen werden,die bei der Produktion der Fahrzeuge anfallen, die bei der Gewinnung der für die Produktion notwendigen Rohstoffe anfallen etc. belegt Klaus Gietinger nachprüfbar, welche immensen Umweltschäden der Kfz-Verkehr kostet.

Der Schreibstil löst des Öfteren gelinde gesagt ein innerliches Lachen hervor. Gnadenlos und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, bezeichnet Klaus Gietinger die bundesdeutschen Verkehrsminister und weitere Angehörige der obersten Politiker-Kaste als das, was sie sind: „Knallchargen“,“.. die den Autokonzernen in den Auspuff kriechen“.

Der Autor analysiert nicht nur die aktuelle Mobilität, die mit den Unmengen an Kfz verbunden ist, anhand der Umweltschädigung durch Abgase, Lärm, Reifen- und Bremsabrieb etc. Er zeigt wiederum überprüfbar auf, dass die immer höher gehaltene ‚heilige Kuh‘ der Elektroautos nicht etwa die Lösung aller Probleme darstellen. Sondern dass E-Autos im Gegenteil nach aussen hin nur den nächsten Riesenschritt in Richtung Abgrund verhüllen. Schliesslich ist der ökologische Rucksack eines E-Autos schon bei der Produktion der Fahrzeuge samt Batterien um ein Vielfaches gewichtiger als bei einem herkömmlichen Kfz. Vom ökologischen Betriebsrucksack ganz zu schweigen. Man muss sich nur die Energie-Effizienz der Akkus im Vergleich zum herkömmlichen Kraftstoff anschauen.

Eines von zahlreichen möglichen Zitaten, um die geistige Vernebelung, die die Droge ‚Auto‘ mit sich bringt, zu finden im Kapitel „Die Vertreter der Arbeiterklasse“, Seite 69: hier geht es um den ‚Ich-will-Ich-werde-Ich weiß-Ich-Ich-Ich-Menschen“ namens Uwe Hück:
„Da ist zum Beispiel der im Februar 2019 zurückgetretene Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Porsche, Uwe Hück. Man nahm an, dass »der Hofnarr« ohne Boni zwischen 200 000 und 400 000 Euro für seine Dienste im Namen der Arbeiterklasse verdiente. Er fuhr einen Dienstwagen auf Konzernkosten, einen Porsche Cayenne, der 66,7 Liter auf 100 km bei Tempo 250 verbraucht., und hatte noch einen zweiten Renner mit 355 PS der Marke seines Arbeitgebers geleast. Und was machte Hück, der ehemalige Thaiboxer? Er war 2007 dem damaligen Porschechef Wiedeking »williger Helfer«, arbeitete gegen den Betriebsrat von VW, sprang Konzernchef Piëch bei, als dieser mit Porsche VW schlucken wollte, und er war der Frontmann für spezielle Innovationen. Um einen – vermutlich besonders umweltfreundlichen – Elektro-Porsche (»Mission E«, jetzt Porsche Taycan) mitentwickeln zu können, setzte sich der Sozialdemokrat auch mal für Lohnkürzungen ein oder für mehr unbezahlte Arbeitszeit.“ 

Im letzten Kapitel, „Die Verkehrsrevolution – das ABC der wahren Mobilität“ weist der Autor einige in zwei Phasen aufgeteilte Wege zur wahren Mobilität auf. Einige davon sehr einfach, kostengünstig und schnell umsetzbar. So ‚man‘ an den entscheidenden Stellen gewillt ist, dem vorübergehenden Unmut der Auto-Junkies stand zu halten. Einige andere nicht minder konsequent, aber eher utopisch und sehr illusionistisch.

Auch wenn das Buch in einem recht reisserischen Stil verfasst ist, lesens- und überdenkenswert ist es auf jeden Fall. Vielleicht findet sich ein generöser Spender, der jedem Verkehrsplaner, ob aus der Privatwirtschaft oder in Behörden, jedem Verkehrsminister, ob auf Landes- oder Bundes- oder Europa-Ebene ein Exemplar des Buches schenkt. Mit der Auflage, es auch lesen zu müssen!