Die Macht der Geographie: Wie sich Weltpolitik anhand von 10 Karten erklären lässt; Tim Marshall; dtv

Eingetragen bei: Buchrezensionen, Sachbuch | 0

Endlich ein verständlicher, Hintergründe politischer und kriegerischer Auseinandersetzungen beleuchtender Blick auf Landkarten

Das Buch mag Politikwissenschaftler, politisch interessierte Geographiewissenschaftler oder Friedensforscher nicht zu 100% zufrieden stellen. Dazu Für diesen Leserkreis ist es vielleicht etwas zu oberflächlich gehalten. Aber für alle Nicht-Wissenschaftler, die mehr über die Hintergründe der zunehmend zahlreicher werdenden Regionen der Welt, in denen es brodelt oder offen zu kriegerischen Auseinandersetzungen kommt, wissen will, für den ist der Titel mehr als lesenswert und informativ.

Es reicht eigentlich schon ein Blick auf eine ’normale‘ Karte des Nahen Ostens, um sich die Ursachen für die bewaffneten Konflikte nur in dieser Weltregion klar zu machen: die Beauftragten der ehemaligen Kolonialmächte Briten und Franzosen haben sich 1916 zur Zeit des Zerfalls des Osmanischen Reiches, also vor etwas mehr als 100 Jahren, an einen Schreibtisch gesetzt, ein Lineal genommen und schnurgerade Linien gezogen. Nach dem Motto: „das gehört jetzt Dir, das mir“. Dass das Lineal keinerlei Rücksicht auf Ethnien, Stammeszugehörigkeiten, Sprachen, Dialekte oder gar die für die dortigen Einwohner so wichtige Religionszugehörigkeit genommen hat, liegt auf der Hand. Die Folgen dieser Striche auf der Landkarte bekommt man heutzutage täglich in den Nachrichten mit.

Tim Marshall wirft einen gründlichen Blick auf Russland, China, die USA, Westeuropa, Afrika, den Nahem Osten, Indien und Pakistan, Korea und Japan, Lateinamerika sowie die Arktis.

Das Kapitel zu den USA wurde verfasst, als noch kein massenhaft twitternder Immobilienmakler in der Rolle des POTUS existierte. Das ist diesem Kapitel deutlich anzumerken. Lesenswert ist es dennoch.
Wer noch mehr über die Hintergründe der Situation im Riesenkontinent Afrika erfahren möchte, dem sei der Titel „Der Fluch des Reichtums: Warlords, Konzerne, Schmuggler und die Plünderung Afrika“ im Westend Verlag erschienen empfohlen.

Der Sprachstil des Autors macht es einfach, das Buchförmlich zu verschlingen: Zwei Beispiele, beide aus dem Kapitel über den Nahen Osten zu finden: „In der Nähe von was? Östlich von wo? Der Name der Region basiert auf einer europäischen Weltsicht und es ist ein europäischer Blick auf die Region, der sie geformt hat.“ (S. 160). „Der Gedanke, dass ein Mann aus einem bestimmten Gebiet nicht durch die Region reisen konnte, um einen Verwandten vom selben Stamm zu besuchen, solange er kein Dokument hatte, das ihm ein dritter Mann, den er nicht kannte und der sich in einer weit entfernten Stadt befand, ausgestellt hatte, machte wenig Sinn.“ (S. 161).

Dieser lockere, leicht nachvollziehbare Stil zieht sich durch alle 301 Seiten. Wer in der Geographie der Welt nicht so bewandert ist, dem wird mit den abgedruckten Karten auf die Sprünge geholfen.

Trotz des grundlegend ernsten Themas des Buches, trotz des hohen Informationsgehaltes, das Buch zu lesen macht durchaus auch Spass.

zur Website des Verlages

direkt zur Website des Buches (Amazon)