Andalusien Reiseführer: Individuell reisen mit vielen praktischen Tipps; Thomas Schröder; Michael Müller Verlag

… kalte Schauer laufen über den Rücken…

Auf jeden Fall beim Betrachten des Fotos eines Flamenco-Tänzers auf Seite 20. Da kommt einem doch sofort die Hintersinn des Schlagers „So ein Mann, so ein Mann“ von Margot Werner aus dem Jahr 1977 in den Sinn…
Wer den Schlagertext nicht kennt, sollte mal im Internet mit den Stichworten „Margot Werner So ein Mann lyrics“ suchen. Und sich während des Lesens dieses Textes nochmal dieses Foto anschauen. Alternativ fällt einem auch spontan Heinz Rühmanns 1938-Hit „Ich brech‘ die Herzen der stolzesten Frau’n weil ich so stürmisch und so leidenschaftlich bin, mir braucht nur eine ins Auge zu schau’n und schon isse hin…“  ein.

Die restlichen laut Klappentext 303 Farbfotos lösen dann aber keine kalten Schauer mehr aus. Sondern die reine Vorfreude auf den nächsten Urlaub in Andalusien. Dem Format der insgesamt 720 Seiten, die fast genauso viele Gramm auf die Waage bringen (also nichts für die Hemdenbrusttasche) ist es geschuldet, dass die Fotos ziemlich klein sind. Dennoch vermitteln sie a.) einen guten Eindruck davon, was es in Andalusien zu erwarten gilt. Und b.) siehe oben: Vorfreude.

Nach den obligaten umfangreichen und gut recherchierten einleitenden Seiten, im konkreten Fall deren 94, über Landschaft und Geographie, Klima, Fauna und Flora, Geschichte von der Frühzeit über die Franco-Diktatur bis zur heutigen politischen Situation, Kunstgeschichte sowie allgemeinen Infos wie Anreise, Übernachten, Aids, Baden, Haustiere und Kinder, Siesta bis Zoll unterteilt Thomas Schröder den eigentlichen Reiseteil in acht große Kapitel. Wobei die darin beschriebenen Regionen, Ortschaften und Sehenswürdigkeiten sehr detailliert, interessant und lesenswert beschrieben werden. Logischerweise geht es dabei nicht nur um die Küstenregionen, sondern auch um das Hinterland. Selbst das Skigebiet in der Sierra Nevada wird, wenn auch kurz, beschrieben. Wem zwischendurch der britische Lebensstil in den Sinn kommt: Gibraltar hat seine acht Seiten abbekommen. Inklusive Hinweisen und Ratschlägen, wie eine weltweit anerkannte Heirat dort zumindest behördlich organisiert werden kann. So es jemanden spontan nach Heirat gelüstet: eine Terminreservierung ist unbedingt angeraten. Kontaktmöglichkeiten stehen in einem der gelblich unterlegten Textkasten unter dem Stichwort „Heiratsparadies Gibraltar“ auf Seite 459.

Die Beschreibung eines Abstechers nach Marokko lässt Thomas Schröder natürlich nicht aus. Wem vor oder nach der Heirat oder auch zu jedweder anderen Gelegenheit der Sinn nach Haschisch oder Marihuana steht, lese zuvor Thomas Schröders entsprechende, unbedingt zu befolgende Ratschläge!

Dass die grösseren Städte jeweils ihren eigenen kommentierten Ausschnitt aus einem Stadtplan, die wichtigsten Anlagen (Alhambra oder die Catedral Santa Maria in Sevilla) einen erläuterten Grundriss abbekommen haben, versteht sich von selbst. Ebenso wie die zahlreichen Tipps und Hinweise auf Hotels, Restaurants, Cafés und Bars. Soweit verfügbar samt entsprechender Internetadresse, um die aktuelle Preissituation in Erfahrung bringen zu können.

Der ausführliche Reiseteil wird von einer leider immer noch auf nicht sonderlich strapazierfähigem Papier gedruckten Straßenkarte im Massstab 1.525.000 abgerundet.

Der Schreibstil von Thomas Schröder ist locker zu lesen, unterhaltsam, stellenweise sehr unterhaltsam, dabei sehr informativ. Auch die farblich hinterlegten Textbereiche unter dem Motto „Alles im Kasten“ machen aus dem dreiviertel Kilo bedruckten Papier eine nette Lektüre. So erfährt der Leser beispielsweise, was es mit einem „Waldbrand mit Meerblick“ auf sich hatte: für Bebauung gesperrte Naturschutzgebiete abfackeln. Weil sie dadurch aus dem Naturschutz gefallen waren. Sicher eine sehr profitable Idee. Die durch eine einfache Gesetzesänderung unterbunden wurde: heute darf solch ein abgefackeltes Gebiet auf 30 Jahre nicht bebaut werden. Zitat Thomas Schröder: „manchmal kann Politik so einfach sein…“

Wer sich in Andalusien die Sohlen heiss laufen möchte: im letzten Teil des Buches werden zehn Wandertouren beschrieben. Zwischen eineinhalb und acht Stunden reiner Wanderzeit. Einen mehrwöchigen Spanischkurs wird das kleine Wörterbuch im Anhang nicht ersetzen. Mehr als ‚si‘ und ‚no‘ und ‚muchas gracias‘ bekommt man damit aber sicher hin.

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